Eine Einladung zum 80. Geburtstag führte mich nach Laubusch in die idyllische Lausitzer Seenlandschaft. Die beiden Jubilare haben hier von Beginn ihrer Ausbildung bis zur politischen Wende gearbeitet. Auf der Einladung stand als Adresse „Brikettfabrik Erika, alte Verwaltung“.
Ich dachte, mich erwartet eine verstaubte Ostbude im Tagebaunirgendwo.
Während der Fahrt durch den kleinen Ort bei Hoyerswerda taucht plötzlich aus dem Nichts ein großes Gebäude auf, welches von Meter zu Meter wächst, wenn man sich ihm nähert. Der imposante Bau strahlt gleichzeitig Ruhe und Kraft aus. Den gleichen Eindruck hatte Prof. Dr. Dr. Wolfram Hardt auch, als er vor vielen Jahren vor dem Gebäude stand. Er war auf der Suche nach einem passenden Ort für ein Begegnungszentrum in Sachsen. Das war die Bedingung. Sachsen ist mein Standort! Das stand schon früh fest. Aber von vorn…
Nach seinem Studium der Technischen Informatik in Paderborn, Doktorarbeit und Habilitation, wurde Wolfram Hardt 2003 an die TU Chemnitz als Professor für Technische Informatik berufen. Seine Kollegen aus dem Westen schüttelten den Kopf. Er sah die Chancen: Der großzügige Gestaltungsrahmen für seine Ideen und gute Leute vor Ort. Er modernisierte die Technik und den Studiengang und leitet das Rechenzentrum der TU bis heute. Zusätzlich stellte er sich der Aufgabe, mehr Wissenschaftler in die Lausitz, nach Sachsen holen. Seine Zweifler lud er ein und es wurde die Idee geboren, ein großes Begegnungszentrum zu schaffen. Die Wahl fiel auf eine ehemalige Brikettfabrik in Laubusch.
Die Brikettfabrik Erika war bis 1990 in Betrieb. Der Besitzer hatte drei Fabriken, die er nach seinen Töchtern benannte – Erika, Ilse und Marga. Die Ornamente findet man direkt über dem Haupteingang. Besonders beeindruckt und letztendlich überzeugt hat Wolfram Hardt die alte 500m² große Waschkaue hinter der alten Verwaltung. Es gibt in ganz Sachsen nur noch zwei solcher Gebäude. Sie dienten früher den Bergleuten als Aufenthalts- oder Umkleidemöglichkeit. Prof. Hardts Traum ist es, diesen Ort in Zukunft als Mehrzweckhalle zu beleben. Die Stiftung IBS übernahm die Brikettfabrik 2007 und begann in mehreren Bauabschnitten die aufwendige und liebevolle Sanierung. Seit 2011 ist das Begegnungszentrum vor allem eine beliebte Location für Tagungen und Workshops mit Übernachtungsmöglichkeit. Die Besonderheit liegt in der offenen Struktur der Räume, die zum einander Begegnen einlädt. Einen Fernseher sucht man vergeblich auf den Zimmern, den vermisst man auch nicht. Dafür gibt es ein Klavierzimmer, Billard, eine Bibliothek und Kickertisch. Kommunikation und Austausch werden auch beim späten Imbiss mit Wein und Käseplatte gefördert, bis die Uhr Mitternacht schlägt.
Die Veranstaltungen in der „Erika“ locken Wissenschaftler aus aller Welt aus dem Bereich Informatik nach Laubusch. Verbunden sind sie in einem internationalen Fachnetzwerk. „Wir sind Professoren-Macher“, beschreibt Wolfram die Förderaufgabe der Stiftung. Das Ziel ist, die Kandidaten bekannt zu machen. Dafür organisieren die Anwärter Workshops zu eigenen Themen, z.B. Künstliche Intelligenz oder Automatisierung. Regelmäßig finden auch Promotions–Symposien der ESF-Nachwuchsforschergruppe „Agile Publika“, der Medieninformatiker der Hochschule Mittweida, der Bereiche Medieninformatik & Media Computing der TU Chemnitz sowie des Medienzentrums der TU Dresden statt. In den Workshops verbessern die Kandidaten ihre Promotionsfähigkeit und erhalten ein fachliches Feedback zum aktuellen Stand ihrer Promotionsarbeit.
Das soziale Engagement ist eine weitere wichtige Aufgabe der Stiftung. Genauso wie die Akzeptanz und positive Wahrnehmung in der kleinen Gemeinde. An der Stiftung ist ein Integrationsunternehmen angegliedert, welches 40% seiner Mitarbeiter mit einem Grad der Behinderung beschäftigt. Die Bevölkerung unterstützt das Projekt, mit dem ihrer alten Erika neues Leben eingehaucht wird. Es gibt hier noch viele Leute, die in der ehemaligen Brikettfabrik gearbeitet haben. Bei der Sprengung der Türme flossen viele Tränen. Das sanierte Gebäude bringt neues Leben in den Ort und macht die Lausitz international bekannt.
Das Begegnungszentrum in Laubusch ist auch für Firmenveranstaltungen oder für private Familienfeiern genau der richtige Ort. Beeindruckt hat mich persönlich der Service. Das Personal vor Ort war über die gesamten Tage unseres Aufenthaltes außerordentlich aufmerksam und freundlich. Der Wohlfühlmoment stellt sich sofort nach der Ankunft ein. Probieren Sie es aus.
Text: Annett Miethe | Fotos: Annett Miethe / Stiftung IBS