Das genau ist mein erster Eindruck, als der kleine LABA Fashion Truck – Modell Piaggio Ape – mit voller Kraft von ganzen elf Pferdestärken zu unserem Treffen im Kühlhaus Görlitz vorgefahren kommt. Cool und lässig ist auch sein Besitzer: Gerhard Zschau begrüßt uns mit einem herzlichen und auch ein wenig stolzen Lächeln. Erst seit Kurzem ist er Besitzer dieses knatternden Dreirades. „Das ist der einzige seiner Art in Deutschland. Nun in der Oberlausitz unterwegs“ schwärmt der Gründer des Labels LABA Fashion.

Wie entstand die Idee zum Projekt?

Der gebürtige Bautzner hat das Label 2016 gegründet. Den Namen lieferte der ehemalige Blog lauter Bautzner, der sich mit Themen aus Politik, Gesellschaft und natürlich der Oberlausitz beschäftigte. LABA produziert Kleidungsstücke und Accessoires, die sich hauptsächlich mit der Oberlausitz und ihren kulturellen Besonderheiten auseinandersetzen.

Beim Blick in den Online-Shop fallen die umfangreichen und teilweise spannenden Produktbeschreibungen und Geschichten sofort ins Auge, die zum Weiterlesen anregen. Die Literaturtipps zum Thema gibt es im Anschluss gratis dazu. „Die Intention dahinter ist, Sagen und Mythen der Oberlausitz zu verwursteln und die Schätze der Region vorzustellen“ fasst Gerhard die Idee kurz zusammen. Jedes Produkt hat seine eigene Geschichte. Das Motiv Mittagsfrau, auf Obersorbisch připołdnica, machte früher auf die lebensbedrohlichen Arbeitssituationen von Landarbeiterinnen aufmerksam. Sie erschien in der sengenden Mittagshitze als weiß umhüllte, dürre alte Frau, um die Feldarbeiterinnen vor dem Tod zu warnen. Den Button gibt es in zwei Varianten: 5vor12 und 5nach12…

Die LABA-Designer kommen aus der Region und darüber hinaus und werden in die Gestaltungs- und Produktionsprozesse eingebunden. Die Ideen für manche Motive haben einen persönlichen Hintergrund. Das T-Shirt „Fischer“ bezieht sich neben der untrennbaren kultur-historischen Beziehung zwischen der Oberlausitz und der Fischerei auf die eigene Vita. Gerhard Zschau hat seine Ausbildung zum Fischer in Königswartha absolviert und auch einige Jahre in seinem Beruf neben dem Abitur in Bautzen gearbeitet. Für das Studium Bibliothekswesen ging es nach Potsdam und weiter an die FU Berlin, wo Gerhard im Anschluss Demokratiepädagogische Schulentwicklung und soziale Kompetenzen studierte. Die Rückkehr in die Heimat vor knapp zwei Jahren hatte familiäre Gründe. Das Leben in der Hauptstadt hatte für rund zehn Jahre viel zu bieten, wenn man zu zweit ist. Mit Kind im Gepäck stand die Entscheidung im Raum, den Lebensmittelpunkt zu verändern. Auf der Liste standen Erlangen, die Geburtsstadt der Frau und die Lausitz. Die Wahl fiel letztlich auf Görlitz: „Hier spürt man eine Aufbruchstimmung und die Menschen sind entspannter“ begründet der Rückkehrer die Entscheidung. Seinen Lebensunterhalt verdient er als Bibliothekar an der Hochschule in Zittau. Nun verstehe ich auch diese Hingabe in die detailverliebten Produktbeschreibungen, die oft in tiefgreifenden Studien- und Bildungsarbeit ausarten.

LABA versteht sich als Mitmachaktion. Der Fashion Truck entstand durch viele kreative und engagierte Menschen, die von Zittau über Görlitz bis hin nach Bautzen an dem Projekt gezeichnet, geschraubt, geklebt und gebaut haben. Und nun geht es auf Reisen mit der „Biene“ (ital. Ape) durch den schönen Oberlausitzer Sommer, auf Märkte und Festivals. Eine Herzensangelegenheit ist das Sammeln von Spenden für zahlreiche Initiativen. LABA unterstützt durch den Verkauf von LABA-Waren verschiedene Vereine in der Oberlausitz und darüber hinaus, die sich für ein menschenwürdiges, tolerantes und nachhaltiges Leben einsetzen.

Text: Annett Miethe | Fotos: Paul Glaser