Es gibt Menschen, mit denen hat das Schicksal Großes vor. Vielleicht, weil sie mehr als andere die alte Weltenseele berühren. Mit ihren heiteren, unerschrockenen Abenteurerherzen und ihrem starken, schöpferischen Antrieb, alle Dinge zum Besseren gedeihen zu lassen.

An einem herrlich milden Novembertag mit vergissmeinnichtblauem Himmel fahren wir Richtung Markersdorf – die Landeskrone immer im Blick. Wie mir diese Sicht Heimat geworden ist. Gut, dass mich das Schicksal bis nach Görlitz geweht hat, denke ich so während der kurzen Fahrt. Das war genau richtig. Denn hier leben ganz besonders viele beeindruckende und mutige Menschen.

Einer von ihnen ist Holger Urban. Seit 2018 geschäftsführender Gesellschafter der Schöpstal Maschinenbau GmbH in Markersdorf mit der Verantwortung für 124 Mitarbeiter, die er souverän schultert. Mit viel Erlebnisneugier und Ehrgeiz zog es ihn einst in die weite Welt, um viele Jahre später als heimatverbundener Weltenbürger zurückzukehren.

Holger Urban ist einer, der groß denkt und gemeinsam mit seinen Mitarbeitern Großes gestalten will. Einer, der dankbar für seinen treuen Freundeskreis ist, beherzt günstige Gelegenheiten und glückliche Situationen beim Schopfe packt, mit Fußball aber nichts am Hut hat. Vielleicht, weil ihm das Spielfeld einfach zu eng und begrenzt ist. Dafür sich jedoch umso mehr für das Segeln mit dem eigenen Boot auf dem Berzdorfer See begeistert. Weil es da genügend Weite gibt und das Gefühl von grenzenloser Freiheit. Außerdem kann die ganze Familie mit und sowieso sind Segler coole Typen, findet er. In seiner Garage schlummert noch eine alte Zündapp mit Seitenwagen und wartet auf ihr glorreiches Comeback. Dabei huscht ihm ein fast lausbubenhaftes Lächeln übers Gesicht und dazu sprühen seine Augen vor Begeisterung. Etwas Junges, Wildes steckt immer noch in dem Mann. Das macht ihn sehr symphatisch.

Doch man sollte sich nicht täuschen lassen. Hinter seiner freundlich-verbindlichen und völlig allürenfreien Art steckt ein äußerst zielstrebiger und konsequenter Geschäftsmann, der genau weiß, was er will. „Wenn ich etwas beginne, ziehe ich es auch durch“, sagt´s und lächelt dabei so charmant, als wäre das nichts.

Frei und unbeschwert wächst Holger Urban auf. Als Kind schaut er von seinem Elternhaus auf die Werkhallen der heutigen Schöpstal Maschinenbau GmbH. Da ist das noch eine Traktorenwerkstatt und die Kinder laufen fröhlich übers Betriebsgelände, bestaunen die Traktoren und schauen den Großen bei der Arbeit zu. Vielleicht entwickelt sich da schon eine kleine Idee? Während des Abiturs arbeitet er dann zweimal in den Ferien bei Schöpstal. Ein erster Kontakt.

Nach Bundeswehr und dem Maschinenbau-Studium (KIA) an der Hochschule Zittau will er aber erst einmal ein paar Jahre weg. Ein bisschen was von der Welt sehen. Erfahrungen sammeln. Und doch – irgendwann soll es wieder zurück in die Heimat gehen. Etwas Eigenes, das ist schon damals sein Herzenswunsch.

Aber erst einmal führt ihn sein beruflicher Weg als Projektingenieur nach Toronto, später pendelt er zwischen Prag und Savona in Italien zum Auf- und Abbau eines Werkes. Zwischendrin und nebenbei schreibt er an seiner Diplomarbeit. Mit neuen Herausforderungen lockt dann ein deutscher Automobilzulieferer in Coburg. Für den neuen Arbeitgeber geht er noch einmal ein halbes Jahr nach Kanada. Nach seiner Rückkehr erwartet ihn am ersten Arbeitstag eine Überraschung. Auf seinem Stuhl sitzt eine ebenso schöne wie kluge Maschinenbau-Studentin. Er verweist sie zwar fürs Erste seines Platzes, hat sie die nächsten Tage jedoch ständig im Blick und irgendwann im Kopf, bis sie eines Tages fast unbemerkt den Platz in seinem Herzen erobert.

Doch noch bremst ihn auch die Liebe nicht in seinem Tatendrang. Er bekommt ein neues Angebot in Aschaffenburg und geht für seinen Arbeitgeber als Produktionsleiter nach Freiberg. Da ist die Heimat schon ein Stück näher. Neben dem Job absolviert er ein MBA-Studium an der Handels-Hochschule in Leipzig. Für die Planung eines Werkes legt er noch einmal einen kurzen Zwischenstopp in Uljanowsk in Russland ein und bereitet sich dafür mehrere Wochen in Werken in Marokko und Rumänien vor. Danach lebt und arbeitet er mit seiner mittlerweile kleinen Familie beschaulich in Freiberg. Als ihn eines Tages sein kleiner Sohn im Kindergartenalter mit breitem Sächsisch begrüßt, ist das wie ein Weckruf. Es ist Zeit, nach Hause zurückzukehren.

2012 erfährt er über Facebook, dass die Schweizer Firma SKAN den Aufbau eines Unternehmens bei Görlitz plant. Nach zwei unkonventionellen Vorstellungsgesprächen auf dem Striezelmarkt und dem Flughafen in Dresden ist die Entscheidung für die Heimkehr in die Heimat gefallen. Ab 2013 ist er an der Entstehung eines Werkes von der grünen Wiese bis zum fertigen Bau in Hagenwerder beteiligt und arbeitet dort bis Ende 2017 als Prokurist.

Doch sein Wunsch nach etwas Eigenem lässt ihn nicht los. Anfang 2013 erfährt er auf dem Biker-Wintertreffen auf Schloss Augustusburg, dass die Schöpstal Maschinenbau GmbH verkauft werden soll. Holger Urban nimmt den Kontakt auf. Es fühlt sich gut und richtig an. Anfang 2018 übernimmt er dann das traditionsreiche Unternehmen.

Mit seiner Familie lebt Holger Urban in Friedersdorf. Dort, wo seine Vorfahren sich 1912 ansiedelten. Auch hier hat sich ein Kreis geschlossen. Das ländliche Leben ist ihm wichtig. „Meine Kinder sollen so wie ich aufwachsen. Frei und unbeschwert“, und dabei schaut er versonnen lächelnd aus dem Fenster seiner Firma. Zuversichtlich und mit neuen Zielen im Sinn.

Auf dem Weg nach Hause – immer die Landeskrone im Blick – denke ich mir, wenn doch alle zurückkommen würden wie Holger Urban und wir uns alle zusammentun und gemeinsam Großes gestalten, dann werden wir es noch weit bringen. Hier. In der Lausitz.

Text: Berit Adomßent / Fotos: Paul Glaser