„Habt ihr Appetit auf hausgemachten Bohneneintopf?“ Mit diesem Satz fühlt man sich doch gleich wie zu Hause. Und so kehren wir in die gute Stube der „Kleenen Schänke“ in Cunewalde ein. Carola Arnold – charmant und bestimmt – führt uns durch das Umgebindehaus. Sie ist die Pächterin und hat im Januar 2016 dort ihre Koch- und Kulturwerkstatt eröffnet. Die gebürtige Oberlausitzerin lebte einige Jahrzehnte in Dresden und war als Betriebsleiterin im Cateringgeschäft tätig. Als frischgebackene Küchenmeisterin wurde Carola Mitte der 80er Jahre mit gerade mal 23 Jahren jüngste Küchenchefin einer Großgasstätte in Dresden. Das war im Parkhotel auf dem Weißen Hirsch, eine harte Erfahrung. Nach über 20 Jahren im Cateringgeschäft, davon viele kreative, intensive und schöne Jahre in der Sächsischen Landesärztekammer war doch irgendwann die Luft raus und Zeit für etwas Neues. Das dies gerade im Heimatdorf Cunewalde sein wird, war ein absoluter Zufall.

Die Kleene Schänke gehört seit dem Jahr 2000 dem Landesverein Sächsischer Heimatschutz e.V. und hatten erst seit einigen Monaten ihre Pächterin verloren. Im Obergeschoss ist ein kleines Museum für Zimmereiwerkzeuge und Geologie eingerichtet. Als Cunewälderin kannte Sie das Objekt und so sprießte nach gründlicher Besichtigung der Räumlichkeiten der Plan. Den entscheidenden letzten Ausschlag gab der einstige Pferdestall, die heutige Eventküche. Carola hat sich einen persönlichen Traum erfüllt. Von Mediterran Kochen, Betreutes Trinken, Brot Backen und Käsewerkstatt bis hin zu Leseabenden mit Menü und Reisevorträgen mit Länderküche. In zahllosen Workshops wurde hier schon gekocht, verkostet und getrunken. Dazu gibt es Tipps und Tricks für zu Hause. Über 3000 Interessierte haben seit Eröffnung in der Küche gewerkelt. In allen Kursen kommen so viele regionale Produkte zum Einsatz wie möglich.

Neu im Programm ist eine Tour durch das Oberland mit dem Whisky-Bus. Ursprünglich geplant für Touristen, um die schöne Lausitz vorzustellen und Whiskysorten aus aller Welt zu verkosten. Überrascht war die Kulturmanagerin von dem Interesse aus der Nachbarschaft. So geht es feuchtfröhlich auf Tour, gestartet in Cunewalde an der größten Dorfkirche Deutschlands. Die Sächsische Spirituosenmanufaktur in Kirschau ist der erste Stopp mit Verkostung eines Rohbrandes aus dem Fass, der erst im nächsten Jahr auf den Markt kommt. Weiter nach Obergurig ins Brauhaus mit Verkostung von Hutfleisch. Das saftige Fleisch kommt beim Brennvorgang in die Brennblase, dort gart es im Dampf des entstehenden Schnapses und wird zu einem Geschmackserlebnis der ganz besonderen Art. Zum Abschluss gibt es einen finnischen Whisky an der Kapelle in Bautzen. Die Idee für dieses Event brachte ihr Sohn aus Dresden in die Lausitz. Er ist einer der Geschäftsführer von Genuss und Whisky Dresden. Hier findet man über 700 Sorten an Spirituosen, davon 500 Whiskysorten im Regal. Die Kleene Schänke bietet im Laden über 50 Sorten an und versteht sich als kleinste „Außenstelle“. Nachdem der kleine Laden aus allen Nähten platzte, kam im letzten Jahr die Idee, in der oberen Etage, die bis dahin als Gästewohnung genutzten Räume in einen Laden im wohnlichen Ambiente umzuwandeln. Unter dem Namen „Oberlausitzer Geschenke Schänke“ findet man eine große Auswahl an Produkten von regionalen Händlern und Manufakturen. Darunter Lausitzer Knoblauch, Öle, Senf, Marmeladen, Bücher von Oberlausitzer Autoren und Verlagen und Diplomat Schreibgeräte. Diese Firma grenzt direkt am Grundstück an.

Eine wichtige Aufgabe sieht Carola in der Unterstützung der Produzenten. In einem Netzwerk haben sich bislang fast 30 Erzeuger und Anbieter von Dienstleistungen aus der Region zusammengeschlossen. Darunter die Hammermühle Bautzen Heinke & Sohn, der Hofladen Löhnert in Zockau, die Honigmanufaktur Robert aus Salzenforst, die Sächsische Spirituosenmanufaktur Kirschau, der Landhof Gano aus Königswarta, die Kaffeerösterei am Rosengarten in Löbau und viele andere. Carola ist gerne Botschafterin und Netzwerkerin. So entstanden schon einige interessante Kooperationen zwischen den Partnern mit neuen kreativen Produkten wie dem Whiskysenf oder Knobilade. „Denke global, kaufe regional“ ist auch ihr Motto und so plant die Unternehmerin über den Lausitzer Tellerrand hinaus, die Produkte der Oberlausitzer Manufakturlandschaft in Dresden und anderswo bekannter zu machen. Neue Mitstreiter sind ausdrücklich erwünscht.

Die experimentierfreudige Küchenmeisterin ist selbst Produzentin und hat in einem langen und aufwendigen Prozess eigene Rezepte für Brotmischungen mit seltenen Getreidesorten, wie zum Beispiel Schwarzemmer, Dinkel und Champagnerroggen entwickelt. Gemeinsam mit dem Landwirtschaftsbetrieb Löhnert aus Zockau sind drei Brotbackmischungen mit Biogetreide von hier entstanden. Den Anbau und die Herstellung des Mehls übernehmen Löhnerts. Hier werden bereits in siebenter Generation auf mittlerweile 260 Hektar Ackerland alte und neue Getreidesorten, Raps und Zuckerrüben ökologisch angebaut.

Und das nächste Projekt steckt auch schon in den Startlöchern. Im November erscheint ihr erstes Kochbuch „Carola kocht“. Mit traditionellen und modernen Rezepten aus der Oberlausitz, die liebevoll mit Geschichten und Produzentenporträts ergänzt werden. Eine kleine kulinarische Reise durch die regionale Küche mit einem Knowhow aus über vierzig Jahren Kocherfahrungen. Carolas Anliegen, Kochen soll nicht Last, sondern Freude sein. Unkompliziert und leicht – traditionell und modern. Die Zutaten regional und saisonal. Ein Schwerpunkt: Fleisch ist die neue Beilage. Gemüse, Hülsenfrüchte und Obst sind die Hauptakteure auf dem Teller. So wie es eigentlich jahrhundertelang war. Zurück an die Kochwurzeln und gleichzeitig auf in die Ernährung der Zukunft. Eine sowohl gesunde als auch köstliche Herausforderung.

zur Homepage: Kleene Schänke

Text: Annett Miethe | Fotos: Marcel Schröder