Was passiert, wenn ein paar ziemlich gut trainierte junge Burschen nach einer Runde Surfen lässig am Strand ein Bier trinken? Sie schließen seltsame Wetten ab. Im Fall von Klaus Schwager und seinen Surffreunden am Strand des Olbersdorfer Sees lautete die so: „Wir schwimmen hier quer durch, fahren dann mit dem Rad bis zum Hochwald und laufen auf den Berg. Wer zuerst oben ist kriegt: ein Bier.“ Dr. Klaus Schwager, Ingenieur mit eigener, nicht ganz kleiner Firma muss heute noch lachen, wenn er daran denkt. „Von Hause aus bin ich Bergsteiger. Aber als die MIBRAG und danach die Sächsische Landesgartenschau uns 1999 den neuen See aus einem ehemaligen Tagebauloch beschert hat, haben meine Kumpels und ich die Möglichkeit genutzt und uns das Surfen beigebracht. Und dabei ist dann die legendäre Wette entstanden.“

Wer damals das Bier gewonnen hat, bleibt im Dunklen dieser Geschichte. Aber alle spüren, dass aus dem Spaß mehr werden könnte. Schwager, der einzige in der Runde mit Wettkampferfahrung, gelingt es, erst einige, dann immer mehr und mehr Leute davon zu begeistern, einen jährlichen Triathlon zu organisieren. Der etabliert sich in der Szene erstaunlich schnell. Die Teilnehmerzahlen wachsen kontinuierlich. Erste Zuschauer werden aufmerksam. „Wir haben uns inhaltlich Jahr für Jahr verbessert, immer am Produkt gefeilt. Und immer darauf geachtet, dass der Fun-Faktor nicht verloren geht.“

Der inzwischen überregionale Erfolg macht die Macher mutig. 2005 laden sie einen Vertreter der DeutschenTriathlon Union ein, das Ereignis aus Verbandssicht zu bewerten. Und ernten ziemlich kritische Anmerkungen. „Da waren wir erstmal herb enttäuscht.“ Im Rückblick verstehen sie, wie merkwürdig sie auf den Funktionär gewirkt haben müssen. „Leicht anarchistisch“, deutet Schwager an. „Allein unser Name. Wir hießen damals noch Wasser- und Surfsportverein Zittau. Auf Triathlon muss man da erst mal kommen.“ Und trotzdem kam dann vom Verband ein Signal. „Bewerbt Euch doch für die Ausrichtung der Deutschen Meisterschaften im Cross-Triathlon.“

Sie kriegen den Zuschlag, legen eine Top-Veranstaltung hin und ernten jede Menge Lob. „Und dann kam irgendeiner an und meinte, wir sollten uns um eine XTERRA-Lizenz bemühen. Damit könnte man internationale Meisterschaften durchführen. Wir haben das gemacht, hat ne Stange Geld gekostet, aber damit hatten wir erstmals Zugang zu den internationalen Starterfeldern und zur Elite des Triathlonsports.“ 2010 hätte es soweit sein sollen. Nach fieberhaften Vorbereitungen und einen hervorragenden Anmeldestand kam das Hochwasser. „Wir mussten absagen. 14 Tage vor dem Ereignis. Das war bitter.“

Zur Kompensation bekommen sie kurz darauf bei einem Treffen in der Schweiz die Zusage für die Europameisterschaft 2011. Per Handschlag. Und machen das Verlorene wieder gut. „Wir haben aus einem sportlichen Wettkampf ein kulturelles Event für die Teilnehmer, die Zuschauer und die ganze Region entwickelt. So richtig schön mit Party und Livebands. Feiern können wir.“ Die politische Ranghöhe der Schirmherren steigt. Vom Landrat über den Innenminister bis zum sächsischen Ministerpräsidenten.

Als 2012 die Deutsche Meisterschaft überraschend woandershin vergeben wird, sind Schwager und seine Mitstreiter so sauer, dass sie sich gleich mal aus Trotz um die Weltmeisterschaft 2014 im Cross-Triathlon bemühen. 1500 Starter aus 35 Nationen kommen. Hauptanflughafen für die internationalen Starter ist Prag, von dort mit dem Leihwagen ist es ein Katzensprung nach Zittau. Am Vorabend des Spektakels regnet es stark. Die Strecke ist schlammig. „Ideal“, grinst Schwager. Zur Siegerehrung scheint die Sonne. Eine Deutsche wird Weltmeisterin. „Besser hätten wir das nicht inszenieren können.“

Der Erfolg ist den Organisatoren nicht zu Kopf gestiegen. „Wir wollen uns das Familiäre bewahren. Und den Spaß. Wir suchen uns die aus, die mitmachen. Mehr aus dem Bauch als nach Qualifikation. Wer streiten will, ist bei uns falsch.“ Immerhin, die anarchistischen Strukturen werden ein bisschen aufgeräumt. Der Verein heißt jetzt O-See-Sports, betreibt mit seinen 150 Mitgliedern eine gute Kinder- und Nachwuchsarbeit. Mehrere Veranstaltungen werden über das Jahr verteilt angeboten. „Die Schönheit des Zittauer Gebirges gibt es her.“

Dr. Klaus Schwager, der radelnde Ingenieur mit dem schönen O-See Challenge-Tattoo auf der Wade, ist felsenfest davon überzeugt, an einem der schönsten Flecken der Erde zu leben. „Die Lebensqualität hier ist enorm, Landschaft pur, Kultur vom Feinsten, Volksarchitektur in den Dörfern, historisch wertvolle Städte, böhmischer Barock.“ Und er will mit der O-See Challenge dazu beitragen, dass das alles noch viel bekannter wird. „Wir haben allein fünf Internetseiten. Social Media ist enorm wichtig für uns. Nirgendwo können wir die Emotionen unseres Sports besser transportieren. Die Lokalzeitung hat da etwas länger gebraucht, um uns so wahrzunehmen.“

Weltoffen wollen sie sie sein in ihrem Verein. Und liberal. „Ein Gegenentwurf zu dem, was mancher über die Region denkt.“ Am Ende bringen sie neben der Aufmerksamkeit auch echte Umsätze. „Die Anbieter von Ferienwohnungen haben sich auf unseren Wettkampfkalender eingestellt. Ja, ich glaube, wir sind eine Institution geworden.“

Text: Axel Krüger | Fotos: Paul Glaser und Simon Pech